Vom Himmel hoch
1. Vom Himmel hoch, da komm ich her. |
9. Ach, Herr, du Schöpfer aller Ding, |
Das berühmte protestantische Weihnachtslied blickt nicht nur auf eine
lange Tradition, sondern ebenfalls auf eine vielschichtige Entwicklung
zurück. Es spiegelt in besonderem Maße zeitgenössische Einflüsse und
kennzeichnet somit in historisch typischer Weise den Wandel deutscher
Kulturmuster.
Das Stück findet seinen Ursprung im frühen
familiären Umfeld des Weihnachtsfestes. Martin Luther selbst verfasste
den Text für seine Kinder, deren Bescherung vermutlich 1535 auf diese
Weise gestaltet wurde. Er unterlegte das Lied mit der Melodie eines
bekannten Volksliedes (Ich komm' aus fremden Landen her), was sowohl die
Akzeptanz erhöhte als auch das gemeinschaftliche Singen erleichterte.
Die aus dem Bereich des "Kränzelsingens" stammende Melodie legt nahe,
dass Luther eine Einbindung des Weihnachtsliedes in Krippenspiele, hier
insbesondere in Reigentänze angedacht hatte. Auch der in Strophe 14
verwendete Begriff "Susaninne" verweist auf diesen Kontext: Wie "Eias"
ist auch das Sprachmotiv "Susannis" fest mit dem "Kindelwiegen", also
der symbolischen Aufnahme des Christuskindes in die feiernde Gemeinde,
verbunden. Derartige musikalische Inszenierungen waren im sakralen Raum
des 15. Jahrhunderts weit verbreitet, wurden jedoch aufgrund populärer
Überformungen sowie ihres Ursprungs in Frauenklöstern schon bald als
"Papstkirchensitte" von Luther abgelehnt. Der Liedtext markiert somit
eindrucksvoll eine Übergangsphase der reformatorischen
Kirchenentwicklung Deutschlands.
Die heute bekannte Choralmelodie
des Weihnachtsliedes Vom Himmel hoch, da komm ich her wurde
wahrscheinlich von Luther selbst geschrieben. Die ursprüngliche
Anlehnung an das volkstümliche Spielmannslied ist nicht mehr
gebräuchlich. Bereits in einem Gesangsbuch von 1539 erscheint das Stück
in seiner noch heute bekannten Form.