Die Kirchenfenster von Marc Chagall in Zürich

FensterZürich ist die Stadt des Huldrych Zwinglis, der zu den Vätern der Reformierten Kirche gehört. Bis heute prägen nicht die Banken sondern die reformierten Kirchen die Silhouette der Altstadt an der Limmat: Das um 1100 errichtete Grossmünster, welches zum Ausgangspunkt der deutschschweizerischen Reformation wurde, St. Peter, die älteste Pfarrkirche Zürichs, die 1230 erbaute Predigerkirche, die wegen ihrer Reliquien in der Reformationszeit als „Götzentempel" bezeichnete Wasserkirche oder das im Herzen der Altstadt gelegene Fraumünster. Letzteres hat sich Dank der wundervollen Chorfenster von Marc Chagall zu einem Besuchsmagneten für Touristen entwickelt.

Der Kirchenbau mit romanischen und gotischen Bauelementen war einst das Gotteshaus eines Frauenklosters, das im Jahr 853 von König Ludwig dem Deutschen gestiftet und von Frauen des süddeutschen Hochadels bewohnt wurde. Nach der Reformation kamen die Kirche sowie das Kloster in den Besitz der Stadt. Seitdem ist das Fraumünster eine reformierte Kirche, was u.a. die Entfernung aller Bilder, Statuen, Altäre und der Orgel zur Folge hatte. Bedeutende Bauteile sind der romanische Chor und das Querschiff. Im 18. Jahrhundert wurde der mit einem Spitzdach versehene Nordturm erhöht und der Südturm abgetragen. Wichtigster Schmuck der von der Einrichtung her traditionell schlicht gehaltenen Kirche sind eine der größten Orgel im Kanton Zürich mit 5793 Pfeifen sowie die Farbfenster von Augusto Giacometti und Marc Chagall. Die Reformation Zwinglis hatte im Gegensatz zum Calvinismus nie Probleme mit bildlichen Darstellungen biblischer Geschichten  auf Kirchenfenstern gehabt, da sie kein Gegenstand der Anbetung gewesen waren. Hierin unterscheiden sich bis heute zahlreiche reformierte Kirchen der Schweiz von ihren Geschwistern in Ostfriesland, der Grafschaft Bentheim oder in ehemaligen Hugenottengemeinden.

Die in Zürich 1967 ausgestellten Erstfassungen der berühmten Scheiben für das Jerusalemer Hadassah-Krankenhaus von Marc Chagall (1887-1985), führten zu der Erkenntnis, dass er der geeignete Künstler für die Neugestaltung der fünf hohen Rundbogenfenster  im Chor sei. Verstand er es doch wie kein anderer zeitgenössischer Künstler Bilder mit einer biblischen Aussage zu komponieren. Als Chagall den Chor der Kirche erstmals betreten hatte, war es Liebe auf den ersten Blick. Der 1970 entstandene farbenfrohe fünfteilige Fensterzyklus im Chor sowie die 1978 fertig gestellte Rosette im südlichen Querschiff sind Werke des jüdisch-weißrussischen Künstlers. Dem in rot gehaltenen linken Prophetenfenster folgen das blaue Jakobsfenster, das zentrale grüne Christusfenster, das gelbe Zionsfenster und das blaue Gesetzesfenster.

Nadine Kaminski

 

Informationen:
Alle im Text genannten reformierten Kirchen in der City Zürichs können besichtigt werden. Das ökumenische Portal www-kirche-zh.ch gibt Informationen zu allen Kirchen der Stadt unter Nennung der Öffnungszeiten.