Das Kirchspielteil Rekum quer durch die Jahrhunderte

Die Gemeinde Rekum bildete über Jahrhunderte zusammen mit den Gemeinden Neuenkirchen, Vorbruch und Rade das Kirchspiel Neuenkirchen. Sie trug wesentlich zu unserer Kirchengeschichte bei, zumal Rekum der größte Gemeindeteil war.

Genau wie die anderen Gemeinden des Kirchspiels war auch Rekum früher durch die Landwirtschaft geprägt. Anno 1580 finden wir die Namen von zwölf Bauersleuten. Außerdem sind 31 Namen von kleinen bäuerlichen Anwesen aufgeführt. Weiterhin erscheint die Eintragung, dass der Rekumer Kuhhirte am 18. August 1614 verstorben ist.

Im Laufe des 18. und des 19. Jahrhunderts begann auch in unserer Region die Industrialisierung. Insbesondere wurde die Schifffahrt ausgebaut. Viele Männer heuerten auf Schiffen an und befuhren die Weltmeere. Andere verdingten sich auf Fischdampfern und fuhren zum Fischfang auf die Nordsee.

Wenn die Grönlandschiffe vom Walfang zurückkehrten, ankerten sie auf der Weser in Höhe Brake. Dort wurden die Tranfässer auf Kahnschiffe umgeladen und nach Bremen transportiert. Viele Männer aus Rekum führten diese Kahnschifffahrt durch und hatten somit ein lohnendes Einkommen. Es müssen hier in unserem Kirchspiel viele in diesen und anderen Berufen auswärts tätig gewesen sein.

Pastor Dreier führte in einem Kirchenbericht aus, dass sonntäglich etwa 200 bis 300 Personen den Gottesdienst besuchten. Es wären bedeutend mehr gewesen, wenn die Seeleute, Kahnschiffer, Schiffszimmerleute und Handwerker anderer Berufe zu Hause wären. In den Jahren 1869/70 gab es im gesamten Kirchspiel 122 Seeleute und Kahnschiffer, 45 Fabrikarbeiter, sowie 36 Handwerker. Es sei aber auch erwähnt, dass zehn Wirtshäuser vorhanden waren.

So ganz ungefährlich waren die seemännischen Berufe nicht. Nach unseren Aufzeichnungen sind allein von 1841 bis 1847 acht Matrosen aus Rekum auf Schiffen umgekommen. Anno 1863 nahm ein Rekumer seine beiden Söhne mit zum Fischfang. Das Schiff kenterte in Höhe der Doggerbank und alle Personen ertranken. Anno 1864 verunglückten zwei Rekumer Jungen im Alter von siebzehn und vierzehn Jahren auf Schiffen und Anno 1866 fielen zwei Jungen über Bord und ertranken.

Im Jahre 1864 hatte Rekum 140 Häuser und eine Einwohnerzahl von 731 Personen, davon 635 evangelisch-reformierte und 94 evangelisch-lutherische Christen, einen Katholiken und einen "lsraeliten". Die Gemeinde Rekum hatte im Jahre 1876 eine Gesamtfläche von 525 Hektar und einen Kaufwert von 339.750,- Mark.

Im heutigen Bremen-Nord siedelten sich weitere Industriebetriebe an und die Gemeinde Rekum vergrößerte sich. Sie nahm zusammen mit Farge den Charakter einer städtischen Ansiedlung an.

Mit dem langsamen Anwachsen der Bevölkerung wuchsen auch die Tätigkeiten des Pastoren. Anno 1745 sind noch 96 Amtshandlungen, wie Taufen, Trauungen und Beerdigungen vorgenommen worden. Anno 1845 waren es 136. und Anno 1890 waren es 147 Amtshandlungen. Pastor Hesse forderte schon im Jahr 1890 die Einrichtung einer zweiten Pfarrstelle für den Gemeindeteil Rekum und die Entsendung eines Hilfspredigers. Beides lehnte der Kirchenrat ab.

Auch der Friedhof an der Kirche reichte für die stetig wachsende Gemeinde nicht mehr aus und es wurde geplant, einen neuen Friedhof im Kirchspiel anzulegen.

Im Februar 1895 machte Landrat Berthold aus Blumenthal den Vorschlag, einen neuen Friedhof anzulegen und ein Versammlungshaus zu bauen. In diesem Haus könnte die Wohnung für einen Hilfsprediger mit eingeplant werden. Die königliche Regierung stellte einen Betrag von 1000 Mark für den Hilfsprediger und eine Baubeihilfe in Aussicht.

Da aber der Kirchenrat sich nicht über dieses Vorhaben einigen konnte, hob Landrat Berthold im Juli 1895 nochmals die Notwendigkeit einer Anstellung eines Hilfspredigers für Rekum hervor. Zu erwähnen ist, dass der Landrat zu dieser Zeit zuständig für kirchliche Angelegenheiten in den Gemeinden war.

Am 27. Oktober 1895 war es dann so weit. Eine Stelle wurde eingerichtet und Hilfsprediger Otto Ahlerich Bode aus Gandersum nahm diese ein. Der Gottesdienst fand in den Räumen der Schule statt.

Nun wurde auch vom Kirchenrat die Planung eines neuen Friedhofes eingeleitet. Zunächst ergaben sich Schwierigkeiten hinsichtlich der Beschaffung eines geeigneten Grundstückes. Der Kirchenrat befürwortete ein freies Gelände an der Grenze der Gemeinde Neuenkirchen auf Rekumer Gebiet. Die Verhandlungen mit den Grundstückseigentümern gestalteten sich schwierig. Dennoch wurde man sich nach einigen Jahren einig. Die Kirchengemeinde erwarb das gesamte Gelände und ein neuer Kirchhof wurde angelegt. Die Kosten beliefen sich auf ca. 10.000 Mark. Bis zur Fertigstellung vergingen noch viele Jahre. Ab 1. Juni 1910 erfolgten die ersten Bestattungen. Die Rekumer, die eine Grabstelle in Neuenkirchen hatten, erhielten auf Wunsch eine neue Grabstelle auf diesem Friedhof.

Ein Versammlungshaus wurde nicht gebaut. Die Hilfsprediger wohnten fast alle zur Untermiete bei dem Hauptlehrer Bringmann, der 38 Jahre in Rekum tätig war, und am 1. Juli 1925 in den Ruhestand trat.

In der Zeit von 1895 bis 1920 waren in Rekum 18 Hilfsprediger tätig. Bemängelt wurde aber, dass in der jeweils kurzen Zeit kaum eine erfolgreiche seelsorgerische Arbeit möglich war.

Der starke Frost im Winter 1922 dauerte bis April. Wegen des Kohlenmangels war kirchliche Leben stark eingeschränkt. Im Jahr 1923 führte die Geldentwertung zum Zusammenbruch der Finanzen. Im August verließ daraufhin Hilfsprediger Staedtke Rekum und suchte sich eine besser bezahlte Stelle in Göttingen. Er arbeitete dort in der Landwirtschaft.

Der Kirchenrat beantragte 1927 die Wiederbesetzung. Angeblich war kein geeigneter Bewerber vorhanden. In einer für die Kirche schwierigen politischen Zeit erhielt Rekum 1935 wieder einen Hilfsprediger. Die Stelle blieb bis Mai 1939 besetzt. Es erfolgte allerdings ein Verbot, den Gottesdienst in der Schule abzuhalten.

Die Stadt Bremen war immer bemüht, ihre Selbstständigkeit zu erhalten und das Staatsgebiet zu erweitern. Die Verhandlungen über eine Reichsreform mit Gebietsneuordnungen begannen schon 1935/36. Es kam zu schwierigen Verhandlungen zwischen der Stadt Bremen und dem Land Preußen. Am 1. November 1939 trat eine Verordnung in Kraft, wonach die preußischen Gemeinden Blumenthal und Farge mit dem Ortsteil Rekum dem Staatsgebiet des Landes Bremen zugeordnet wurden.

Die Hilfspredigerstelle in Rekum wurde am 1. Februar 1949 wieder besetzt. Infolge der Zuwanderung der Flüchtlinge aus den ostdeutschen Gebieten, stieg die Einwohnerzahl auch in Rekum an. Der Kirchenrat beantragte 1953 die Einrichtung einer 2. Pfarrstelle und nahm Planungen für ein Pfarrhaus sowie für ein Gemeindehaus. Der Baubeginn für das Pfarrhaus erfolgte im November 1954 und für da Gemeindehaus im Mai 1955. Der Landeskirchenrat verfügte, die Einrichtung einer 2. Pfarrstelle in Rekum ab 4. Januar 1954. Pastor coll. Conrad Poets, der zu dieser Zeit Hilfsprediger in Rekum war, wurde am 4. April 1955 zum Gemeindepastor in Rekum gewählt.

Nun entstand die Frage, wie man das neu erbaute Gemeindehaus bezeichnen sollte. Der Kirchenrat schlug vor, das Gebäude "Gemeindehaus Rekum" zu nennen. Die Rekumer Einwohner aber wollten das Haus als Kirche bezeichnen. Diesem Wunsch wurde entsprochen und somit bekamen die Rekumer eine eigene Kirche.

Die feierliche Einweihung der Kirche erfolgte mit einem Gottesdienst am 4. März 1956.

Die Kirchengemeinde Neuenkirchen-Rekum bestand bis 1980. In diesem Jahr trennte sich Rekum von Neuenkirchen und wurde eine selbständige Kirchengemeinde.

K.-H. Berendt