Reformation
Mit
Reformation (lat.: Erneuerung, Wiederherstellung) wird heute eine
religiöse Bewegung des 16. Jahrhunderts bezeichnet, die die Einheit der
westlichen Kirche (die östlichen orthodoxen Kirchen hatten sich bereits
1054 getrennt) zerbrechen ließ und sich wesentlich mit Martin Luther
verbindet. Dieser wollte keineswegs eine neue Kirche gründen.
Den letzten Anstoß zur Reformation gab der Ablasshandel, mit dessen Einnahmen der Petersdom in Rom erneuert werden sollte. Luther sah darin einen Missbrauch und rief zur Rückbesinnung auf die biblischen Grundlagen des Evangeliums auf - d. h. allein auf Christus und damit allein auf den Glauben, allein auf die Gnade und allein auf die Schrift. Er fand damit in ganz Europa Gehör. Während das Mittelalter von der Unverzichtbarkeit des Priesters als Heilsvermittler überzeugt war, sollten nach Luther Christen selbst in der Lage sein, die alles entscheidende Heilsbotschaft zu verstehen. Deshalb rief der Reformator in einer Zeit, in der das Lateinische für die gehobenen Schichten selbstverständlich war, zu Predigt und Messe in deutscher Sprache auf und übersetzte die Heilige Schrift in allgemeinverständliches Deutsch.
Seine Übersetzung des Neuen Testamentes (1522) und der ganzen Bibel (1534) hatte dann aber nicht nur diese unmittelbaren religiösen Auswirkungen. Sondern indem er für seine Übersetzung "dem Volk aufs Maul" schaute und die gehörten Wendungen mit seinen bildhaften Formulierungen verband, entstand ein guter Teil der heutigen, alle Deutschen verbindenden Hochsprache. Insofern gibt es in Deutschland wie in manchen anderen Ländern bestimmte Verbindungen zwischen nationaler, sprachlicher und religiöser Identität. Die von Luther wiederentdeckte Botschaft von der Rechtfertigung des Glaubenden "allein aus Gnade" bedeutete eine Befreiung des mittelalterlichen Menschen von manchem nicht heilsnotwendigen und zum Teil politisch bedingten kirchlichen Zwang. Die mittelalterliche Leistungsreligion war damit abgelöst und damit auch die maßgebliche Bedeutung des für das ganze Mittelalter beherrschenden Mönchtums gebrochen. Die mittelalterliche Arbeitsteilung, dass die einen zu arbeiten und zu dienen hatten, während die anderen, die "Berufenen", für sie beteten, wurde aufgelöst.
Nunmehr wurde nicht mehr nur dem Mönch, der Nonne, dem Priester ein
"Ruf" zugestanden, sondern es durfte sich jetzt jedermann an dem Ort, wo
er lebte und arbeitete, von Gott berufen wissen. Das so von Luther
entwickelte Berufsverständnis wirkte damals ungeheuer befreiend und
belebend und stellte die Basis dar, auf der sich in weiten Teilen der
westlichen Welt moderne Wirtschaft in einer hochtechnisierten
Zivilisation entfalten konnte. Luther beabsichtigte eine Reform, jedoch
nicht Neugründung oder Spaltung von Kirche oder gar eine Revolution. Dennoch
ergaben sich weitere Trennungen etwa durch die Schweizer Reformatoren
Johannes Calvin (1509-1564) und Huldrych Zwingli (1484-1531). Ganz
besonders lag ihm die elementare religiöse Bildung des Volkes am Herzen -
einerseits durch die häusliche Orientierung am Katechismus,
andererseits in der Schule. Evangelisches Leben in Deutschland war
aufgrund der Bildungsimpulse der Reformationszeit mit der ganzen Kultur
eng verbunden. Insbesondere das evangelische Pfarrhaus wurde zu einer
Wiege der geistigen Elite Deutschlands, zu der auch populäre Kritiker
des Christentums gehörten, wie etwa Friedrich Nietzsche.
Quelle: EKD und
Bremische Evangelische Kirche